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"Der Prozess" im Theater Marl – eine Theaterkritik

Am Mittwoch, 11.03.2015, besuchten die Leistungskurse Deutsch der Q1 (von Frau Frielingsdorf, Frau Hein und Frau Miller) eine Theaterinszenierung zu Franz Kafkas Roman "Der Prozess" im Theater Marl. Das Stück wurde aufgeführt von der Schauspieltruppe des Essener Grillotheaters unter der Regie des jungen, 32-jährigen Regisseurs Moritz Peters. Er hatte sich die komplexe und schwierige Aufgabe gestellt, einen Roman von Kafka auf die Bühne des Marler Theaters zu bringen.

Der Roman handelt von Joseph K., der, ohne den Grund zu kennen, verhaftet wird. Insgesamt geht es um seine Reaktion auf die Verhandlung und die sich daraus ergebenden Konsequenzen.

Das Bühnenbild bestand aus einer großen schiefen Ebene, die die Schauspieler nach Überwinden einer dahinter liegenden Mauer erreichten, Die hölzerne Platte war in 30 Rechtecke eingeteilt, die auf einer Stahlkonstruktion lagen. Somit wurde dem Zuschauer eine gute Sicht ermöglicht, die Schauspieler mussten sich zudem kontrolliert bewegen, um auf der sich nach vorne abflachenden Fläche Halt zu finden. Dieses spezielle Bühnenbild spielte eine existenzielle Rolle für das Stück, da durch die immer weniger werdenden Platten dem Protagonisten Joseph K. bildlich der Boden unter den Füßen weggerissen wurde. Die Wirkung dieser Verbildlichung wird dem Zuschauer allerdings erst einige Zeit nach der Aufführung klar, was zum Gesamteindruck des Stückes passt. Insgesamt fällt es oft schwer die Handlung nachzuvollziehen, die Gesten der Schauspieler zu verstehen oder den Text zu verstehen, was sich vor allem durch den Erzählstil begründen lässt. Der Regisseur hat sich gegen Rollentexte (d.h. jede Figur hat ihren eigenen Text) und für Kafkas Worte entschieden. Das bedeutet, der Text des Romans wurde in verkürzter Form original wiedergegeben und unter den Schauspielern aufgeteilt. Somit war es enorm anstrengend aufmerksam zuzuhören und konzentriert zu folgen, wobei das Auswendiglernen des Romans mit Sicherheit eine Glanzleistung der Akteure war, zumal es keine Souffleuse gab.

Generell lässt sich feststellen, dass die Schauspieler durch ihre Leidenschaft überzeugten, sowie gut zu verstehen waren, trotz gesundheitlicher Probleme des Hauptdarstellers Für das Gesamtverständnis der Aufführung war die Doppelbesetzung jedoch ein Problem, denn jeder von ihnen (ausgenommen des Hauptdarstellers) hatte mindestens zwei Rollen. Es entstand Verwirrung, da der Wechsel der Person oft nicht deutlich genug wurde, weil meistens nur ein Teil der Kleidung (z.B. eine Krawatte) ausgetauscht wurde. Dennoch löste ein Mann die Situation gut, indem er bei Auftreten der einen Figur plötzlich sächsisch sprach. Der Versuch, durch kleine Elemente Dynamik zu erzeugen, gelang. Als ein Akteur überraschend Konfetti mehrmals lauthals in den Zuschauerraum schoss, erschraken viele Besucher und die Aufmerksamkeit wurde gekonnt zurück auf die Handlung gelenkt.

Allerdings wirkten manche Details sinnlos, wie die auf einmal auf die Bühne fliegenden Luftballons, die zwar zum Nachdenken anregten, jedoch nach kurzer Verwirrung auch von den Schauspielern ignoriert wurden. Auch die ständige Ablenkung durch Handlungen und Gesten der Nebendarsteller, die eigentlich gar nicht dran waren, wie beispielsweise das Ablecken der Finger des Redners, lenkte den Fokus des Zuschauers um. Somit ging die Konzentration auf die wesentliche Handlung oftmals verloren, was das Verstehen des Stücks erheblich erschwerte. Die Haupthandlung, das Verhalten K.'s auf seine Verhaftung und sein Bedrängnis, wird allerdings gut dargestellt, durch Details wie das Projizieren der Zuschauer auf die Rückwand der Bühne, womit der auf K. von allen Seiten lastende Druck deutlich wird. Insgesamt ist zu sagen, dass die moderne Inszenierung von "Der Prozess" (Franz Kafka) durch Regisseur Moritz Peters gelungen ist, da sie den Zuschauer zum Nachdenken anregt. Allerdings fiel es oft schwer, der Handlung zu folgen, auf manche Details hätte somit verzichtet werden sollen

Lara Erwig, Q1