Brief Albert Schweitzers an die Schulleitung des ASG

Lambarene , den 2. 3. 1950

Lieber Herr Direktor!

Entschuldigen Sie bitte, daß Ihr Brief so lange ohne Antwort blieb. Ich bin einfach nicht imstande, auch nur 1/3 meiner Korrespondenz zu bewältigen. Ja, Sie haben mein Schweigen richtig ausgelegt. Zwar habe ich immer Bedenken, daß etwas nach mir benannt wird, weil man Menschen solche Ehre nicht erweisen sollte.

Aber da Sie es für richtig halten, darf ich nichts dagegen einwenden und hoffe nur, daß die Schüler dadurch aufmerksam werden auf die Idee der Ehrfurcht vor dem Leben, in der ich die eigentliche geistige Leistung meines Daseins sehe, und daß sie von der Schule die Geistigkeit überhaupt, dieses kostbare Gut, das die deutsche Schule seit Humboldt vermittelte, mit aus der Schule ins Leben hinaus nehmen, wie ich es vom Gymnasium in Mühlhausen mit hinaus nahm, und daß sie ihrer Lehrer mit derselben Dankbarkeit ständig gedenken wie ich der meinen.

Grüßen Sie Ihre Kollegen von mir, richten Sie den Herren von der Stadtverwaltung meine ergebene Empfehlung aus, und sagen Sie den Schülern, daß ich ihnen das Beste für die auf der Schule zu verbringenden Jahre wünsche.

Ich schreibe Ihnen diese Zeilen an einem Tisch im Konsultationsraum. Es hat eben auf der Spitalglocke Mittag geläutet. Der Morgendienst ist zu Ende, und ich habe noch einige Augenblicke für mich, ehe ich ins Refektorium auf dem Hügel gehe. Durch die Palmen sehe ich auf den 500 m breiten Flußarm. Er glitzert im Sonnenschein, im unbeschreib- lichen Sonnenschein.

Mit besten Grüßen Ihr

gez. Albert Schweitzer

 

P.S.: Wenn ich je nach Westfalen komme, dessen dunkle Erde mich immer so beeindruckte, hoffe ich, Ihre Schule zu sehen. Aber wann wird es sein? Wird es überhaupt sein? 

Ansprache Albert-Schweitzers im ASG 1959